Da Hanfelden jahrzehntelang unbewohnt war, wurden kaum neuzeitliche Veränderungen durchgeführt. Dadurch ist Schloss Hanfelden ein Glücksfall für die Bauforschung, ein Bauwerk in dem man wie in einem offenen Buch lesen kann.
Eine erste Zusammenfassung der aktuellen Forschungsergebnisse finden Sie in der Publikationsreihe "Hanfelden Einst & Jetzt", die im Menüpunkt Publikationen als PDF-Download zur Verfügung steht.
Hier eine chronologische Liste der bisherigen Forschungen:
2024: 3-D- Modell von Schloß Hanfelden
Für eine Masterarbeit an der Universität Graz wurde von Bojan Stefanović ein digitales 3-D-Modell von Schloss Hanfelden angefertigt, das den Zustand im 17. Jahrhundert wiedergibt. Ein Spaziergang durch das 3-D-Modell ist auf einem Youtube-Video zu sehen, weitere Einblicke auf der Sketchfab-Seite des Autors.
In dem in den BMNÖ publizierten Artikel beleuchtet Mag. Iris Winkelbauer die Lebensumstände der im Schloss Hanfelden einquartierten Flüchtenden an Hand von archäologischen Funden.
Link: Beiträge zur Mittelalterarchäologie und Neuzeitarchäologie in Österreich, Beiheft 15/2024 (Seite 115-123)
Um offene Fragen des Bauablaufes klären zu können, wurde eine planliche Aufnahme des Dachwerkes erstellt. Dabei stellte sich heraus, dass die Dachstühle, mit geringen Veränderungen, noch im Original erhalten sind. Durch die umfangreich zur Verfügung stehenden Dendrodaten konnte der Bauablauf der einzelnen Gebäude näher konkretisiert werden. Der Ausbau begann mit der Eindeckung des Wohnturms (ab 1499) und dessen Erweiterung gegen Westen (1502). Danach wurde über einen Zeitraum von etwa 20 Jahren der Vierflügelbau gegen den Uhrzeigersinn vervollständigt: Der Westtrakt wurde um 1512 unter Dach gebracht, der Südtrakt unmittelbar darauf. Der Osttrakt folgte erst um 1520-1530.
Detailierter Bericht in Hanfelden Einst & Jetzt Band 4, 2023, 3-32.
Bei einem Vortrag "Fokus Pölstal: Die Norische Hauptstraße als Lebensader für die Obersteiermark zu Römerzeit" (THEO Oberzeiring am 02.03.2023) präsentieren Manfred Lehner und Paul Payer erste Hinweise auf eine in unmittelbarer Nähe zu Schloss Hanfelden vermutete Straßenstation. Detailierter Bericht in Hanfelden Einst & Jetzt Band 4, 2023, 56-56.
Aufgrund der guten Erhaltungsdichte von Hölzern in allen Etagen und besonders im Dachstuhl wurden parallel zu den archäologischen Untersuchungen umfangreiche dendrochronologische Proben entnommen. Von insgesamt 306 entnommenen Proben konnten 157 datiert werden und geben Einblick in den Bauablauf des Schlosses. Die vorliegenden Daten aus dem Dachstuhl und dem 2. Obergeschoss belegen, dass diese Teile des Turms um 1497/1500 errichtet worden sind. Wenig später ist der Westtrakt mit den beiden Blockwerkkammern gebaut worden und wohl zwischen 1520 und 1530 dann schon der Osttrakt.
Die Entnahmestellen der Proben wurden mit Schildern versehen, auf denen die Dendrodaten vor Ort abzulesen sind.
Ein Fokus der Untersuchungen 2017 lag auf dem Südtor des Schlosses mit der Fragestellung, ob eine Innenhofentwässerung festzustellen sei. Im Bereich des Südtores wurde ein rund 3 x 5,7 m großer Schnitt angelegt um die Eingangssituation des Schlosses im Bereich der Ostwange zu dokumentieren und um festzustellen, ob eine Entwässerung des Innenhofes durch das Südtor hinaus stattgefunden hat. Unter verschiedenen Begehungshorizonten konnte im nördlichen Schnittbereich ein kleinteiliges Pflaster freigelegt werden. Es besteht aus kleinen abgerundeten Steinen (Glimmerschiefer), die mehr oder weniger geordnet in den Boden eingebracht wurden. Der Aufbau ist ident mit jenem Pflaster, das im Jahr 2016 im Innenhofbereich freigelegt wurde.
Durchbrochen wird das Pflaster von einer Entwässerungsrinne. Diese läuft von Nord nach Süd und macht im südlichen Außenbereich des Schlosses einen Knick nach Osten. Weiters weist sie ein leichtes Gefälle auf, um eine Entwässerung des Innenhofes bei Regen zu gewährleisten.
Ein weiteres Steinpflaster schließt sich im Außenbereich an das kleinteilige Pflaster und die Entwässerungsrinne an. Es besteht ebenfalls aus Glimmerschiefer, die Steindimensionen sind jedoch wesentlich größer und die Steine sind als Platten verlegt. Nach etwas mehr als 2 Metern reißt das Pflaster im südlichen Schnittbereich ab und wird von einer Kies-Erdeschicht begrenzt. Das Pflaster ist als barockzeitlich anzusprechen.
(Detailierter Bericht in Hanfelden Einst & Jetzt Band 2, 2018, 15)
Foto und Plan der Entwässerungsrinne aus dem Südtor
Das Nebengebäude weist mindestens vier Bauphasen auf. Der genaue chronologische Ablauf konnte noch nicht vollends geklärt werden. Das Gebäude wurde als eingeschossiger Bau errichtet und in einem ersten Schritt erweitert oder aufgestockt. Jedenfalls erfolgte eine Grundrisserweiterung um einen zusätzlichen Raum und eine Aufstockung des Nebengebäudes in zwei Phasen. Die Fragen nach dem Errichtungszeitpunkt (vermutlich spätmittelalterlich) und warum das Nebengebäude so nahe am Hauptgebäude des Schlosskomplexes errichtet wurde sind noch zu klären. Das Gebäude wurde zumindest in seiner letzten Nutzungsphase als Wirtschaftsbau genutzt (Stallungen im Erdgeschoß, Heulagerung im Obergeschoß). Der Fokus der archäologischen und bauhistorischen Forschungen 2017 lag in den zwei Erdgeschoßräumen HNG-EG-R01 und R02 des Nebengebäudes.
Bei Erdgeschoßraum HNG-EG-R01 handelt es sich um einen rechteckigen Raum, der sich Ost-West ausdehnt. Die Eingangssituation befindet sich im Süden. Sie ist sekundär verändert. Vermutlich wurde der Eingangsbereich im Zuge der Aufstockung neu errichtet bzw. gestaltet. Der Raum ist nachträglich mit einem Tonnengewölbe versehen, wobei die Fenster- Tür- und Deckenöffnungen durch Stichkappen ausgespart wurden. Das Gewölbe ist im westlichen Bereich sehr flach und schließt statisch nicht korrekt mit der Westmauer ab. Daher können die Schubkräfte nicht richtig aufgenommen werden. Die Westmauer hat sich durch den Druck nach außen verschoben. Aufgrund dieser Instabilität kam es auch zu Mauerwerksausbrüchen. Die West-Nord- und Ostmauer stehen im Verband während die Ostmauer an die Südmauer angestellt ist. Diese wiederum ist mit der Ostwand von Raum HNG-EG-R02 im Verband errichtet. Der Raum besitzt drei Fensteröffnungen. Sie öffnen sich trichterförmig nach innen und sind mit hölzernen Fensterrahmen und Eisengittern versehen. Es gibt Hinweise auf Schiebefensterläden.
Weiters findet sich ein Durchbruch in der Südmauer zu Raum HNG-EG-R02. Die Gewände wurden mit einem Stein-Ziegelmauerwerk ausgekleidet.
Der Erdgeschoßraum HNG-EG-R02 des Nebengebäudes schließt südlich an Raum 01 an. Es handelt sich ebenfalls um einen rechteckigen Raum, der sich nach Süden hin ausdehnt. Die Eingangssituation befindet sich an der Westseite und besitzt die Dimensionen eines Tores. Reste des Torgewändeversturzes konnten im Eingangsbereich dokumentiert werden. Die Fenster unterscheiden sich baulich von jenen aus Raum 01. Sie sind barockzeitlich zu datieren und mit Ziegelgewänden ausgekleidet. Der Raum besitzt zudem eine hölzerne Nische in der Südmauer.
Ein Untersuchungsschwerpunkt lag auf dem teilweise eingestürzten Tonnengewölbe. Durch die seit den 1960er Jahren fehlende Dachkonstruktion konnte Wasser von oben in das Gewölbemauerwerk eindringen und mit der Zeit die Mörtelbindung auflösen, bis es zum Einsturz im nordöstlichen Gewölbebereich kam. Das Versturzmaterial kam auf einem ehemaligen Holzboden zu liegen. Über dem Versturz lag ein Schuttkegel. Abgesehen von einer sehr dünnen Humusauflage, wies der Schuttkegel keine stratigrafische Differenzierung auf. Unter ihm kam neben dem Gewölbeversturz auch ein ehemaliger Gewölbeansatz zum Vorschein.
Während der Grabungskampagne 2018 wurden die Arbeiten im Nebengebäude zu einem Abschluss geführt.
Eine Senke vor der südlichen Ringmauer war ebenfalls Ziel der Ausgrabungen. Dort konnte ein Brunnen (ev. auch eine Zisterne) in den oberen Bereichen freigelegt werden.
(Detailierter Bericht in Hanfelden Einst & Jetzt Band 2, 2018, 15)
2018 wurde der Breich des alten, heute vermauerten Tores untersucht, das in der Mitte des Westtraktes in den Hof führte. Dabei stellte sich heraus, dass das Tor selbst an beiden Seiten jeweils durch einen großen Prellstein etwas verengt war. Dadurch war der Eingang im Prinzip für die Durchfahrt eines Wagens zu eng. Der Bereich zwischen Tor und Ringmauer war mit einer Pflasterung ausgelegt, die möglicherweise zu einer Straße gehörte.